Spotlight: Goldeimer

Alle für Klos! Klos für alle!

Goldeimer ist ein gemeinnütziges Unternehmen, das Menschen weltweit den Zugang zu einer gesicherten Sanitärversorgung ermöglichen will. Und das natürlich im nachhaltigen Format. Mit Trockenklos spült man die Nährstoffe nicht einfach weg, sondern kann sie wieder in die Natur ausbringen, als Dünger. Aber nicht nur das, derzeit verbrauchen unsere Kläranlagen ca. 4.400 Gigawattstunden Strom, das entspricht der Jahresleistung eines modernen Kohlekraftwerks. Goldeimer setzt sich daher für eine Änderung der Düngeverordnung ein, damit menschliche Fäkalien auch zum Düngen hergenommen werden dürfen. Ganz so wie es früher auch in Deutschland ganz normal war.

Für #Vanlife-Reisende und Kleingärtner*innen sind Trockentoiletten übrigens eine feine Alternative zu Chemie-Klos. Das dazugehörige Goldeimer-Toilettenpapier aus Alt-Papier leistet dabei einen wichtigen Beitrag für das Recycling von Ressourcen, damit kein Baum mehr für’n Arsch ist.

Passt wie Arsch auf Goldeimer

freiwillige bauen eine goldeimer trockentoilette auf festival
malte schremmer von goldeimer im wetell spotlight

Malte Schremmer, Chief Shit Advisor von Goldeimer

„Fliegen verschwenden ihre Zeit nicht damit Bienen zu erklären, dass Scheiße besser ist als Honig ;)“ Malte weiß, wovon er hier spricht. Denn das umschreibt den Alltag seiner Lobbyarbeit bestens. Als Co-Gründer und Chief Shit Advisor bei Goldeimer interessiert er sich in der Tiefe für Kreislaufwirtschaft, gemeinwohlorientiertes Wirtschaften und dezentrale Organisationsstrukturen. Malte glaubt an eine Ökonomie, die innerhalb der planetaren Grenzen wirtschaftet und den Mensch in den Mittelpunkt stellt. Seine Zeit verbringt er am liebsten mit Lesen, trampen, Autobahn Fast Food, Freunden in der Küche und guten Ideen.

Wirf einen Blick über den Schüsselrand

Neben Trockentoiletten hat Goldeimer Seife und soziales Toilettenpapier im Angebot. In den vergangenen Jahren hat Goldeimer ca. 3 Millionen Packungen davon in Umlauf gebracht. Per Überschlag gerechnet kommt man damit auf ca. 900 Millionen Stuhlgänge. Jetzt gilt es diese Zahl auch auf Trockentoilettengänge zu übertragen.
Damit diesem Thema mehr Aufmerksamkeit zukommt, stellt Goldeimers große Trockentoiletten auf deutschen Festivals auf. Willst du auch ein Klugscheißer sein und mit goldeimern? Hast du Bock auf Festivals gemeinnützig zu arbeiten?
Dann sprecht Goldeimer einfach direkt hier an.

 

Hallo Malte, vielen Dank für deine Zeit.
Goldeimers Geschichte liest sich für mich ungefähr so: Durchfall, Erkenntnis, Bachelorarbeit => Goldeimer. Vielleicht ein wenig simpel dargestellt, aber wir verlinken hier eure Homepage-Geschichte-Seite.

Ja, so ungefähr ist es passiert. Angefangen mit einem Durchfall in Burkina Faso, auf Projektreise mit der Welthungerhilfe und Viva con Agua, habe ich mir zum ersten Mal so richtig Gedanken darüber gemacht, welche Bedeutung eigentlich das Klo für die Menschen hat. Einmal angehoben, taten sich unter dem Klodeckel eine ganze Menge Probleme und Themenkomplexe hervor – schon war ich tief drin in der Scheiße. Seit den ersten Versuchen mit Trockenklos ist viel passiert und wir sind inzwischen vielfältig aufgestellt – mit einem soliden Online-Shop, in dem es soziales Klopapier, Seife und unsere eigens entwickelten Trockenklos für den Garten und unterwegs gibt, Bildungsworkshops rund ums Klo, Festival-Action und allen Aktivitäten im Bereich der Sanitärwende.

In euren sozialen Medien und dem Goldeimer Blog berichtet ihr viel über Kreislaufwirtschaft, Toilettenpapier und eure Trockentoiletten. Wir passt da der Pyrolyseofen rein, denn ihr dieses Jahr gekauft habt?
Hast du eigentlich das Pyrotechnik Kit „Rammstein“ bestellen wollen und warst dann enttäuscht, als die Pyrolysetonne vor der Tür stand?

Beim Prozess der Pyrolyse entsteht sogenannte Pflanzenkohle, also konzentrierter Kohlenstoff. Mit Goldeimer verfolgen wir seit Beginn die Idee, guten Humusdünger herzustellen und durch die Zugabe von Pflanzenkohle kommen wir der Sache ein ganzes Stück näher. Zeitgleich bindet Pflanzenkohle große Mengen Kohlenstoff im Boden und kann bei der Bewältigung der Klimakrise ein wirksamer und wichtiger Baustein sein. Daher war die Initiative, neben Goldeimer ein weiteres Projekt – die Carbon Collectors – ins Leben zu rufen, nur der nächste sinnvolle Schritt für ein ganzheitlich gedachtes Sanitär- und Klimaschutzkonzept. Mit dem Pyrotechnik-Kit von Rammstein hat das aber alles eher weniger zu tun 😉

Bequemer Sitz, gute Aussicht, Kaffee: Das Leben kann so einfach und schön sein:-)

New Economy is calling!
Goldeimer ist, wie jetzt auch WEtell (YEY), im Verantwortungseigentum mit Hilfe der Purpose Economy.
Für mich heißt das vor allem eine Entzerrung von Geschäftsbetrieb und persönlichen Interessen und ist damit wichtig für mich als Konsument, wie auch als Angestellter.
Welche Effekte hat dieses Mindset bei Goldeimer?

Durch unsere Gemeinnützigkeit haben wir uns schon vor einigen Jahren ganz offiziell von dem Gedanken verabschiedet, dass jemand persönlich Profit aus Goldeimer schlagen könnte. Das ist ein Konzept, das uns einfach grundsätzlich widerstrebt – von Anfang an. Mit dem Schritt ins Verantwortungseigentum wollten wir vor allem den Punkt der Selbstbestimmung verankern. Es sollen die Menschen strategische Entscheidungen für Goldeimer treffen, die Goldeimer ohnehin schon tagtäglich gestalten: das Team.
Anmerkung vom WEtell Team: Mehr über WEtell und andere Unternehmen im Verantwortungseigentum erfahrt ihr hier.

Überall gibt es Trends, so auch im Bereich Nachhaltigkeit. Welche Trends findest du fragwürdig, welche Trends findest du gut?

Ich stelle fest, dass es in den vergangenen Jahren einen immer stärkeren Trend zu Nachhaltigkeit und Klimaschutz in der Unternehmenskommunikation gibt. Grundsätzlich begrüße ich das, allerdings gibt es neben vielen ernstzunehmenden Unternehmen und Projekten leider auch eine Menge Trash, die Klimaschutz nur als Marketingtool nutzen und weiterhin Profitmaximierung im Sinn haben. Für CO2-Kompensation und Schlagwörter wie “klimaneutral” oder gar “klimapositiv” gibt es keine festgelegten Kriterien – für Endverbraucher*innen ist es schwierig, wirksame Maßnahmen von Greenwashing zu unterscheiden. Auch aus dem Grund bin ich großer Unterstützer vom Prinzip des Verantwortungseigentums: Hier kannst du sicher sein, dass keine Partikularinteressen im Hintergrund laufen. Ich bin auch Fan der Gemeinwohlbilanz und hoffe, dass sie langfristig die klassischen CSR-Berichte ablöst. Ich finde die Kombination aus Verantwortungseigentum und GWÖ-Bilanz super. Sie sollten mehr Aufmerksamkeit als Gütesiegel für Vertrauenswürdigkeit und Qualität bekommen.

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Die Trockentoiletten von Goldeimer sind nicht nur perfekt für Kleingartenanlagen

Mitarbeiterbindung und -verantwortung spielen bei euch eine Riesenrolle. Unter anderem arbeitet ihr gerade an einem Gremium aus Angestellten, welches die Gehälter bestimmt, auch für die Geschäftsführer.
Welche New Work Experimente habt ihr bereits gemacht? Welche waren gut, welche eventuell weniger?

Ganz richtig ist das nicht. Die Gehälter bestimmen sich aus einem neuen Gehaltsmodell, das wir gerade erarbeitet haben und einführen. Ziel ist ein möglichst faires Gehalt für alle. Das Gremium, der Gehaltsrat, überprüft die Einordnung der Mitarbeitenden und entscheidet demokratisch über mögliche Diskussionspunkte. Am Ende ergibt sich aus der Selbsteinstufung der Mitarbeitenden und dem Verantwortungsgrad ihrer Rolle(n) das individuelle Gehalt im Rahmen der Matrix.
In Sachen Gehalt haben wir schon viel ausprobiert – alle verdienen das Gleiche, die Höhe des Gehalts richtet sich nach den Lebenskosten am Wohnort, eine Zeit lang konnten wir uns auch gar nichts auszahlen. Jetzt, nach 9 Jahren, sind wir glaube ich das erste Mal an einem Punkt, wo alle zufrieden mit dem Modell sind.
Bei Goldeimer arbeiten wir rollenbasiert (kein Klopapier-Wortspiel). Auch die Geschäftsführung ist eine Rolle, die bei uns zwei Personen innehaben – und ich hasse es, wenn ich als “Chef” bezeichnet werde. Das Verhältnis ist super 😉

Bill Gates hat neulich gesagt, er sähe in der Entwicklung der Trockentoiletten ähnliches Potential, wie bei der Entwicklung des PCs in den 70er Jahren.
Wird es irgendwann nur noch Trockentoiletten geben, auch daheim? Was tut ihr damit ihr diese Entwicklung vorantreiben könnt?

Wenn wir und folgende Generationen auf dieser Erde gut leben wollen, dann müssen wir effektiv etwas gegen die Klimakrise tun. Da spielen Ressourcenschutz und Kreislaufwirtschaft eine enorm wichtige Rolle. Das lineare Sanitärsystem mit Kanalisation, Klärwerken und Wasserspülung hat früher viele Probleme gelöst und die Cholera aus den Städten Europas vertrieben – heute ist es nicht mehr zeitgemäß. Es verbraucht zu viel Wasser, zu viel Energie, verursacht unnötig viele Emissionen und spült wichtige Nährstoffe im Klo runter. Ein nachhaltiges, kreislauforientiertes Sanitärsystem mit Trockentoiletten und Verwertung ist eine Antwort auf viele aktuelle Herausforderungen. Aber die Trockentoilette hat noch einen langen Weg vor sich, um es in jedes Zuhause zu schaffen. Wir leisten hier viel Aufklärungsarbeit und bauen Hemmschwellen ab. Zusammen mit anderen Akteur*innen machen wir uns in Netzwerken, an politischen Tischen und in Pilotprojekten für eine Sanitärwende stark.
Insofern hat Bill Gates Recht, wenn auch ich seine Toilette für etwas overengineered halte 😉

 

Vielen lieben Dank Malte für deine Zeit und liebe Grüße ans ganze Goldeimer Team!